
Wichtige Infos zu Jahreshauptversammlungen u.ä. in Zeiten der Corona-Krise
Viele Ortsgruppen und andere Gremien können derzeit von ihren Satzungen zwingend verlangte Sitzungen nicht mehr abhalten, Wahlen können nicht stattfinden, weil Versammlungen verboten sind. Was sind die rechtlichen Folgen? Bleibt der Vorstand im Amt? Können Video- oder Telefonkonferenzen Beschlüsse fassen, auch wenn in der Satzung etwas Anderes steht?
Mit der Zustimmung des Bundesrats zum Corona-Hilfspaket der Bundesregierung am Freitag, den 27. März 2020 ist genau das der Fall – allerdings zeitlich begrenzt für das Jahr 2020. Solltet Ihr Gefallen an der neuen Arbeitsform finden und Euch diese Flexibilität auf Dauer wünschen, so müsst Ihr Eure Satzungen anpassen. Als Anregung dafür empfehlen wir den Gesetzestext weiter unten. Zunächst aber die wichtigsten Änderungen für Euch im Überblick:
Automatische Verlängerung der Amtszeit
Die meisten Satzungen sehen eine feste Amtszeit für den Vorstand vor – auch wenn das gesetzlich nicht erforderlich ist. Bei einer solchen Amtszeitbegrenzung empfiehlt sich eine Verlängerungsklausel, nach der der Vorstand bis zur Neuwahl im Amt bleibt. Leider fehlt diese Klausel in manchen Satzungen.
Das hat problematische Folgen: Die Amtszeit endet dann automatisch und der Verein ist ohne rechtmäßigen Vorstand. Diese Gefahr besteht durch das aktuelle Versammlungsverbot. Durch das am 27. März 2020 in Kraft tretende Gesetz wird ermöglicht, dass Vorstandsmitglieder auch nach Ablauf ihrer Amtszeit zunächst im Amt bleiben, d. h. eine Wieder- oder Neubestellung nicht zwingend erforderlich ist, um den Verein handlungsfähig zu erhalten.
Natürlich kann kein Vorstandsmitglied zur Fortsetzung des Amts gezwungen werden. Es müsste dann aber ausdrücklich zurücktreten. Dazu genügt eine formlose Erklärung einem anderen vertretungsberechtigten Vorstandsmitglied gegenüber.
Virtuelle Mitgliederversammlung
Dass eine virtuelle Mitgliederversammlung (d.h. mit internetgestützten Kommunikationsmedien, wie z.B. Videokonferenz o.ä.) zulässig ist, hat die Rechtsprechung bereits bestätigt (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 27.09.2011, I-27 W 106/11). Allerdings ist dafür bisher eine entsprechende Satzungsregelung unverzichtbar.
Auf Grund der Corona-Krise gilt ab sofort für Versammlungen, die im Jahr 2020 angesetzt sind, dass keine entsprechende Satzungsregelung vorhanden sein muss. Virtuelle Versammlungen werden Präsenzversammlung gleichgestellt. Für gültige Beschlüsse ohne Zusammenkunft der Mitglieder ist dann weder eine besondere Satzungsgrundlage noch – wie bei der bisherigen schriftlichen Beschlussfassung – die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich. Nach § 28 BGB würde diese Regelungen auch für Vorstandssitzungen gelten.
Ungeklärt ist aber die Frage, ob das umstandslos auch für Vereine gilt, bei denen eine nennenswerte Zahl von Mitgliedern nicht über die Voraussetzungen für eine Teilnahme an einer virtuellen Versammlung verfügt (fehlende technische Ausstattung und Kenntnisse). Dann kann eine virtuelle Versammlung eine „besondere Erschwernis“ für die Teilnahme darstellen und die Beschlüsse zwar nicht nichtig (von vornherein unwirksam), aber anfechtbar machen.
Im Zweifel sollte dann – die künftig mögliche – vereinfachte schriftliche Beschlussfassung gewählt oder die virtuelle Versammlung zumindest dadurch ergänzt werden.
Schriftliche Beschlussfassung wird vereinfacht
Auch die schriftliche Beschlussfassung wird durch die Neuregelung vereinfacht. Bisher verlangt § 32 Abs. 2 BGB bei einer schriftlichen Beschlussfassung die Einstimmigkeit. Es müssen also alle Mitglieder dem Beschluss zustimmen. Bereits eine einzige Enthaltung führt zum Scheitern des Beschlusses.
Das ändert sich durch Artikel 2, § 5 Abs. 3 des neuen Gesetzes. Danach ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt (also angeschrieben) wurden und bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben. Es gelten die üblichen Mehrheitserfordernisse – also in den meisten Fällen eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen
Verlangt ist nur die Textform. Es ist also keine Unterschrift erforderlich. Damit kommen für die Beteiligung an der Abstimmung auch E-Mail und andere elektronische Textmedien (z.B. SMS oder WhatsApp) in Frage. Zusätzlich wird es durch Abs. 2 Nr. 2 möglich, dass einzelne Mitglieder ihre Stimmen im Vorfeld einer (virtuellen oder physischen) Versammlung schriftlich abgeben. Es sind so auch Mischformen aus virtueller Versammlung und schriftlicher Beschlussfassung möglich. Das gilt auch für Vorstandssitzungen.
(Quelle einiger Textpassagen ist www.vereinsknowhow.de)
Auszug aus dem Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs-und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
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Artikel 2, § 5
Vereine und Stiftungen
(1) Ein Vorstandsmitglied eines Vereins oder einer Stiftung bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt.
(2) Abweichend von §32 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen
1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben oder
2. ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben.
(3) Abweichend von §32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.
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Artikel 2, § 7 (Übergangsregelungen), Absatz 5:
§ 5 ist nur auf im Jahr 2020 ablaufende Bestellungen von Vereins- oder Stiftungsvorständen und im Jahr 2020 stattfindende Mitgliederversammlungen von Vereinen anzuwenden.